Rede von Johannes Kriesche (Mitte) zur Eröffnung der Ausstellung von Claudia Weber, (links) und Harald Etzemüller von der Galerie Eulengasse (rechts)
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kunstinteressierte,
das ich hier steh und zu den Arbeiten meiner Kollegin Claudia Weber einige Worte sagen möchte ist für mich neu, denn normalerweise trennen wir Künstler dies strikt. Es soll ein Abstand sein zwischen dem Ausdruck und der reinen Beobachtung. Genau dies ist aber manchmal zu durchbrechen: um gewohnte Sichtweisen nicht zu fest werden zu lassen, oder um auch sich was Neues zuzumuten, wie über Malerei eines anderen sprechen. Nur so kommt man zum Neuen, Ungeahnten. Der letztes Jahr verstorbene Autor und Philosoph Roger Willemsen sagte: „Die Kunst bietet den Menschen die einzige Möglichkeit, sich zu entgrenzen. Das müssen sie, denn wie sonst sollten sie sich erkennen und verändern können?“ Das Entgrenzen ist eine Art mutiger Zustand des Wachsamen, eine Herausforderung. Claudia Weber hat sich vorgenommen nicht länger die selbsterlernten Grenzen strikt einzuhalten. In Ihren neuen Arbeiten geht sie mutiger, entschlossen ran. Gerade das Stehenlassen vom gestischen Malen, was sie sonst nicht so gut behütet und eingebettet hätte, ist so eine Entgrenzung. Sie malt, so hat sie mir neulich gesagt, nun gern das, was sie sich sonst nicht traute zu Gunsten der Ruhe und der Harmonie. So wird die Entgrenzung für die Malerin zur Farbe, Zeichen und am Ende zu einer abstrakten Komposition. Sie selber sagt darüber: „In meiner Malerei (vorwiegend in Acryl und Eitempera), beschäftige ich mich mit Farbkompositionen und Farbkontrasten, mit Strukturen, mit der Verbindung von Linearem und Flächigem. Meine Gemälde entstehen in einem Prozess, der ein ständiges Zwiegespräch zwischen Künstler und Bild erfordert. So wie ein Komponist Ton für Ton zu einer Melodie zusammenfügt, füge ich Farben und Formen zu einem harmonischen Ganzen. Ich schaffe daher keine Abstraktionen von der Natur. Wenn mich Landschaften und Gegenstände inspirieren, so in erster Linie wegen ihres formalen Gehalts. Farben, Linien, Spannung zwischen Linien und Flächen, Komposition. Das sind Dinge, die für mich im Prozess des Malens wichtig sind.“ Was noch vor Jahren strenger war in der Komposition, erfährt nun durchscheinende Untermalungen, Spuren von „Sichhineinmalen“ und Stehenlassen des Geschehenen. Die Umrisse der Flächen brechen auf und liefern sich Unsicherheiten der Umgebung aus, ganz bewusst.
Der amerikanische Künstler Wolff Vostell bringt es da auf den Punkt, ich zitiere: „Leben ist Kunst und Kunst ist Leben“ spiegelt sich auch das veränderte Leben der Malerin C.W. in den Arbeiten der letzten Zeit wieder. Für die Kunst zu leben heißt auch ein Standbein zu haben. So arbeitet sie seit 10 Jahren als Kunstpädagogin an Grundschulen und ist jeden Tag mit lebhaften Kindern zusammen. Wie könnte es da in Ihren Bildern nicht auch lebhafter werden? Ein guter Kompromiss des Lebens der die Kunst befeuert, wie ich meine, ja selbst Joseph Beuys hat die Vermittlung von kunstpädagogischen Prozessen als äußerst wichtig erachtet und es schon fast als Kunst verstanden. Nur, die Inspiration ist halt was ganz persönliches und da fängt was an, was man nicht erklären kann. Wesentlich dafür ist die Begeisterung der sichtbaren oder erzählerischen Welt dafür. Der Künstler ist das Medium der Kunst und sich darauf einlassen liefert immer neue Inspirationen. In Ihrem neuen Bild mit dem Titel „da steht er, der digitale Peter“ ist ein Spiel der Wörter aus dem Märchen des Struwwelpeter. Ja, wie könnte er denn digital aussehen? So fordert die Begeisterung dafür ein Bild und es kann losgehen. Dies ist nur ein Beispiel dafür wie Bilder sich nach oben drängen ins Malerzentrum. Sie selbst sagt darüber: „In meine Bilder füge ich oft lineare Zeichen ein, die an solche Symbole und Zeichen alter Kulturen erinnern oder eben an jene von Kinderhand geschaffenen Figuren. Sie bilden ein Spannungsverhältnis zu den Flächen und stellen eine abstrakte Tiefe im Bild her und sie erzählen kleine Geschichten. Meine Arbeiten enthalten jedoch keine klare inhaltliche Aussage, es sind Momentaufnahmen, Seinszustände aus einer Welt, die ständig in Bewegung ist. Der Betrachter kann sie nach seinem ganz persönlichem Ermessen interpretieren und sich seine eigene kleine Welt im Bild erschaffen.“
Webers künstlerisches Talent als Ausgangspunkt, ist für mich die pure Zeichnung: Striche, Punkte und Struktur, mehr braucht es manchmal nicht, um etwas festzuhalten was fließen soll. Aus noch eben einer Linie die sich krümmt, wird plötzlich ein geschlossener Kreis... Die große Spontanität gerade in der Zeichnung sieht man fast allen neueren Bildern an. Sie tragen die Lust am Machen in sich, es gibt kein Konzept außer die Malerei selbst. In meiner eigenen Studienzeit sagte mir einmal meine Professorin Inge Höher,“ denken sie immer daran: sie streichen nicht an oder malen, sie empfinden.“ Das sind dann die Momente wo man froh ist studieren zu dürfen. Denn sich des Handels bewusst zu sein und mit allen Erkenntnissen zu empfinden und nicht zu malen, dies ist die Akrobatik des Pinsels mit der Farbe auf der Leinwand. Wir Maler sind da halt stark eingebunden in die Kunst-Vergangenheit und wollen immer nur Zukunft malen. Wie oft wurde die Malerei schon totgesagt. Sie hätte längst nur noch in Archiven und Kellern ihren Platz. Allerdings ist es auch die älteste direkte Form von Kunstäusserung die schon immer da war. Anscheinend hat der Mensch so eine Art Mal- oder Kunstgen. Selbst Versuche, herauszufinden ob Kinder im Urwald andere Symbole malen als Kinder aus hoch entwickelten Regionen der Erde zeigten, das es immer dieselbe Ursprache der Malerei und Kunst gibt. Sie sind so ähnlich das man kaum Unterschiede feststellte. Somit wir die Malerei wohl nie verschwinden, außer der Mensch verschwindet weil er zu unsensibel mit der Welt umging. Das Claudia Weber unserer Welt sensible Bilder als Antwort auf deren Torheiten und Schroffheiten entgegenstellt, z.B. wie der Mensch und wie er mit seiner Umwelt umgeht, hoffe ich nun soll noch so lange wie möglich weitergehen. Mehr Kunst wagen, würde ich sagen zur Politik, die ja bald wieder nur unseren Verstand fordert um Grenzen zu schaffen, die aber, allein vom künstlerischen Standpunkt aus gesehen, überwunden werden müssten.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit
Johannes Kriesche, 8.9.2017
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